Bündnis 90/Die Grünen

im südlichen Emsland

UF6-Antrag

Entwicklung eines Notfallplanes für das besondere Szenario einer unbeabsichtigten Freisetzung von UF6 in dicht besiedeltem Gebiet

07.01.25 – von Kreistagsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –

Die Verwaltung wird beauftragt einen umfassenden Notfallplan für das besondere Szenario einer unbeabsichtigten Freisetzung von UF6 in dicht besiedeltem Gebiet zu entwickeln. Begründung: Der Landkreis Emsland ist in vielerlei Hinsicht gut auf Katastrophen vorbereitet, dies sowohl durch unterschiedliche Pläne, wie auch durch seine Leitstelle und die Standards, die dort gesetzt werden um Ersthelfer des medizinischen Dienstes, sowie der Feuerwehren zu koordinieren. Für das besondere Szenario eines Stromausfalles „blackout“ wurde 2022 ein gesonderter Notfallplan entwickelt. Dies wünschen wir uns auch für den besonderen Fall eines Unfalles von Transportern beladen mit UF6 (Uranhexafluorid), die auf emsländischen Straßen fahren und insbesondere die Firma ANF/Framatome in Lingen zum Ziel haben oder von dort kommen. Im Jahre 2023 gab es laut BASE (www.base.bund.de) 40 LKW-Transporte mit UF6 von und zu ANF in Lingen. Die Transporte sind ungleichmäßig über das Jahr verteilt und zu bestimmten Zeitabschnitten kann es zu bis zu 10 Transporten pro Woche kommen. Es ist zu erwarten, dass im Falle einer Genehmigung zur Herstellung von hexagonalen Brennstäben russischer Bauart sich die Anzahl dieser Transporte mit UF6 von und zu ANF stark erhöht, dies auch laut Aussage der ANF selber. 2 Absender/Empfänger der UF6-Transporte sind in erster Linie die Anreicherungsanlagen von Urenco in Gronau, Almelo und Capenhurst sowie Anreicherungsanlagen und Brennelementfabriken von Framatome in Frankreich, aber auch Anlagen verschiedener RosatomTochterunternehmen in Russland, von denen die Transporte über Häfen wie Rotterdam abgewickelt werden. Entsprechend sind die Fahrtstrecken ins und vom Emsland unterschiedlich, betroffen sind aber vor allem die A31 mit der Abfahrt Lingen, die B213 Richtung Lingen, und die Umgehungsstraße in Lingen und die entsprechende Abfahrt in Darme in Richtung Industriegebiet, Sitz der ANF. Im Falle eines Unfalles und der Freisetzung von UF6 im Großraum Lingen und bei ungünstigem Wetter wäre die halbe Stadtbevölkerung von Lingen betroffen. Ein Unfall kann lebensgefährlich sein, da UF6 eine hochtoxische und chemisch reaktive Substanz ist. Die Gefahren eines solchen Unfalls lassen sich in drei Hauptkategorien unterteilen: 1. Chemische Toxizität: UF6 ist stark toxisch und kann beim Einatmen oder bei Hautkontakt schwere Schäden verursachen. In Verbindung mit Wasser, einschließlich der Luftfeuchtigkeit, reagiert UF6 zu Flusssäure (HF) und Uranoxid, wobei Flusssäure äußerst ätzend und giftig ist. Flusssäure kann schwere Verätzungen verursachen und die Atemwege und Lungen angreifen, was zu lebensbedrohlichen Verletzungen führen kann. 2. Radioaktivität: Obwohl Uran in UF6 hauptsächlich in Form von Uran-235 und Uran238 vorliegt, die schwach radioaktiv sind, besteht dennoch eine Gefahr durch Strahlenexposition. Der Kontakt oder die Inhalation von Uranverbindungen kann das Risiko für Nierenschäden und langfristige Strahlenschäden erhöhen. 3. Freisetzung und Ausbreitung: Bei einem Unfall kann UF6 in die Umwelt freigesetzt werden. Da UF6 unter normalen Bedingungen ein Feststoff ist, der leicht sublimiert, könnte eine Freisetzung große Mengen an giftigem Gas erzeugen. Dies könnte dazu führen, dass das betroffene Gebiet großräumig evakuiert werden muss. Entsprechend ist eine schnelle, an die spezifischen Gefahren angepasste und präzise Reaktion von größter Wichtigkeit, um die Auswirkungen auf Menschen und Umwelt zu minimieren. Alle spezifischen Maßnahmen müssten auf mehreren Ebenen gleichzeitig eingeleitet und in enger Zusammenarbeit mit nuklearen Sicherheitsexperten und den zuständigen Umwelt- und Gesundheitsbehörden durchgeführt werden. Dafür bedarf es nach unserer Meinung eines koordinierten Notfallplanes, der u.a. folgende Bereiche umfassen sollte: 1. Schnelle Evakuierung und Sperrzone: - Sofortige Evakuierung der Bevölkerung in einem großzügigen Radius um den Unfallort und Einrichtung einer Sperrzone, um den Zugang zu kontrollieren. 2. Schutz der Rettungskräfte: - Bereitstellung von persönlicher Schutzausrüstung (PSA) für Rettungskräfte, einschließlich Atemschutzmasken, Schutzanzügen und Augenschutz. 3. Dekontamination: - Einrichtung von De- und Kontaminationsbereichen, um Personen, die mit UF6 in Kontakt gekommen sind, sicher zu entkleiden und zu dekontaminieren. 4. Luftqualitätsüberwachung: - Kontinuierliche Überwachung der Luftqualität, um die Ausbreitung von UF6 zu überwachen und sicherzustellen, dass die Exposition minimiert wird. 5. Medizinische Versorgung: - Schnelle Bereitstellung von medizinischer Versorgung für eine große Personenanzahl mit 3 möglicher UF6-Exposition, unter Berücksichtigung von Atemwegsproblemen, Hautverätzungen und Strahlenexposition. 6. Kooperation mit Spezialisten: - Sofortige Koordination mit Fachleuten für nukleare Sicherheit, um spezifische Risiken zu bewerten und angemessene Entscheidungen zu treffen. 7. Sicherung des UF6: - Sicherung des Unfallorts, um weitere Freisetzung von UF6 zu verhindern, und Vorbereitung auf die sichere Entsorgung der betroffenen Substanz. 8. Langfristige Überwachung: - Implementierung von Programmen zur langfristigen Überwachung der Gesundheit derjenigen, die der Gefahr ausgesetzt waren, sowie der Umweltauswirkungen. 9. Klare Kommunikation: - Regelmäßige und klare Kommunikation mit der Bevölkerung über die Situation, Evakuierungsanweisungen und Schutzmaßnahmen. 10. Dokumentation: - Dokumentation aller Schritte und Maßnahmen, um eine umfassende Analyse des Vorfalls zu ermöglichen und Lehren für zukünftige Notfallplanungen zu ziehen. Quellen: • Einsatzleiterwiki (2024): RADIOAKTIVE STOFFE, URANIUMHEXAFLUORID, SPALTBAR - UN 2977 - Gefahrnr. 768 - ERICard-Nr. 7-05 (CEFIC-European Chemical Industry Council) - UN2977. Online verfügbar unterhttps://wiki.einsatzleiterwiki.de/doku.php?id=cbrn:ericards:klasse_7:29771824, zuletzt aktualisiert am 23.06.2024, zuletzt geprüft am 05.09.2024. • EUROFLUOR (2017): GUIDELINES IN CASE OF EXPOSURE WITH HYDROGEN FLUORIDE (AHF) AND HYDROFLUORIC ACID (HF). Information for First Aiders + Health Professionals. Online verfügbar unterhttps://www.eurofluor.org/wp-content/uploads/2017/10/GUIDELINES-IN-CASE-OF-EXPOSUREWITH-HYDROGEN-FLUORIDE-AHF-AND-HYDROFLUORIC-ACID-HF-EN.pdf, zuletzt geprüft am 05.09.2024

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